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Tipps und gute Ratschläge

Bauernglatteis und Mähdrescher: So kommen Sie in der Erntezeit sicher durch Brandenburg

Stefanie Ruppe
11. September 2025  |   Lesezeit: 8 Min.
September in Brandenburg heißt: volle Ernte, viele Landmaschinen – und Straßen, die sich plötzlich anders anfühlen. Gerade auf Kreis- und Landstraßen begegnen Ihnen Mähdrescher, Traktoren mit Anhängern und verschmutzte Fahrbahnen. Mit der richtigen Strategie bleiben Sie im Pkw und auf dem Motorrad gelassen – auch wenn’s staubt, blendet und rutschig wird.
Mähdrescher auf einer Landstraße in Brandenburg

Warum jetzt besondere Vorsicht gilt – speziell in Brandenburg

Brandenburg ist Alleenland: Entlang von Bundes- und Landesstraßen stehen zahlreiche Straßenbäume – schön anzusehen, aber im Spätsommer wegen wechselnder Licht-Schatten-Passagen und enger Fahrbahnen auch schön anspruchsvoll. Gleichzeitig ist das Land stark landwirtschaftlich geprägt: Rund die Hälfte der Landesfläche wird bewirtschaftet. Das erklärt, warum im Spätsommer besonders viele Landmaschinen unterwegs sind – oft langsam und mit Überbreite.

Was „Bauernglatteis“ bedeutet

Wenn Landmaschinen während ihrer Fahrt Erde, Lehm, Stroh oder Erntereste auf die Fahrbahn verlieren und dann auch noch Feuchtigkeit dazukommt, entsteht ein schmieriger Film – umgangssprachlich „Bauernglatteis“. Die Haftung der Reifen sinkt deutlich; verschüttete Rapskörner oder der daraus entstehende Ölfilm können in Kurven zur Rutschfalle werden – besonders fürs Motorrad.

Tempo anpassen und vorausschauend fahren

Rechnen Sie auf Landstraßen konsequent mit Schmutzstreifen, Erntekolonnen und verdeckten Feldzufahrten. Fahren Sie immer so, dass Sie vor jeder unübersichtlichen Straßenkuppe und unmittelbar hinter einer Staubfahne anhalten könnten. Nehmen Sie frühzeitig Gas weg und agieren Sie ruhig: Bremsen Sie gleichmäßig und lenken Sie ohne hektische Ausschläge – besonders, wenn Sonne, Staub und Schatten die Sicht zusätzlich erschweren. Auf dem Motorrad nehmen Sie Schräglage heraus, richten den Blick weit zum Kurvenausgang (Fluchtpunkt) und rollen gefühlvoll – notfalls mit gezogener Kupplung – über den Schmierfilm, bis wieder Grip da ist.

Die Polizei bringt es regelmäßig auf den Punkt: Wird es feucht, wird es rutschig – also Tempo runter und aufmerksam bleiben.

XXL-Abstand zu Landmaschinen

Halten Sie deutlich mehr als den „üblichen“ Sicherheitsabstand. Bei Mähdreschern und Traktoren kommt es häufig zu plötzlichen Manövern – etwa beim Abbiegen in Feldwege oder bei kurzen Stopps zum Entladen. Mehr Abstand bedeutet mehr Überblick, senkt das Risiko durch hochgeschleuderte Erde, Steinchen und Erntereste und verschafft Ihnen entscheidende Zeit zum Reagieren. Für Motorradfahrende gilt: Staubwolken auf Distanz halten und niemals „blind“ in braune Schleier hineinfahren.

Steinschlag: So schützen Sie Scheibe und Visier

Erntefahrzeuge wirbeln oft Steinchen, Erdklumpen und Erntereste auf. Treffen diese mit Wucht auf Frontscheibe, Scheinwerfer oder das Motorradvisier, drohen Risse, Kratzer und im schlimmsten Fall Sichtverlust. Halten Sie deshalb deutlich mehr Abstand als gewöhnlich, wählen Sie – wenn möglich – eine leicht versetzte Spur zur Fahrspur des Vorausfahrenden und reduzieren Sie die Geschwindigkeit.

Für Motorradfahrende gilt zusätzlich: Fahren Sie mit geschlossenem, sauberem Visier; getönte Visiere nur bei passenden Lichtverhältnissen verwenden. In Staubfahnen schafft Abstand mehr als jedes Zerren am Gas – nicht „blind“ vorbeiziehen. Kommt es dennoch zu einem „Treffer“, halten Sie die Linie stabil, vermeiden Sie abrupte Ausweichhaken und reduzieren Sie die Geschwindigkeit kontrolliert.

Nach einem Steinschlag sollten Sie Frontscheibe, Scheinwerfer und – beim Bike – das Visier zeitnah prüfen. Kleine Schäden können sich bei Temperaturwechseln schnell ausweiten. Reinigen Sie die Scheiben, um feine Partikel zu entfernen, die später Schlieren oder Kratzer verursachen könnten. Motorradfahrende sollten nach einem Steinschlag außerdem die Ölwanne kontrollieren.

Bei großflächiger Verschmutzung oder gefährlichen Brocken auf der Fahrbahn: Tempo reduzieren und Warnblinker setzen – Sicherheit geht vor.

Überholen nur mit Plan

Überholen Sie Landmaschinen nur dort, wo Sie die gesamte Situation überblicken: lange, gerade, gut einsehbare Strecken – frei von Kuppen, Einmündungen und Feldzufahrten.

Typisch für Erntefahrzeuge ist, dass sie zunächst rechts ausschwenken und dann links in einen Feldweg abbiegen. Der linke Blinker ist keine Einladung zum Überholen; er kündigt meist genau dieses Abbiegen an. Unklare Lage? Dann bleibt Überholen tabu.

Sicht & Licht optimieren – besonders bei Staubfahnen und Gegenblendung

Mähdrescher wirbeln Staub auf, der oft wie Nebel wirkt. Reinigen Sie die Scheiben (innen und außen) bzw. das Helmvisier regelmäßig und schalten Sie bei starker Staubentwicklung aktiv das Abblendlicht ein. Staubfahnen verschlucken Rückleuchten; mit Licht werden Sie früher gesehen und sehen selbst besser. Für Bikes gilt zusätzlich: klare Visiere, Anti-Beschlag-Pflege und eine funktionierende Beleuchtung sind jetzt Pflicht.

Achtung Mähdrescher: breit, lang – und manchmal mit Schneidwerkswagen

Begegnen Sie Mähdreschern gelassen, aber mit Vorsicht. Rechnen Sie mit sehr breiten Anbauten oder einem Schneidwerkswagen – oft breiter als die eigene Fahrspur. Begleitfahrzeuge und Staubwolken können die Sicht plötzlich stark einschränken. An Engstellen, besonders in Alleen, nehmen Sie rechtzeitig Tempo heraus und warten, bis die Stelle frei ist; nicht vorbeiquetschen. Viele Fahrer signalisieren, wenn sie Platz machen (z. B. durch Heranfahren an den rechten Fahrbahnrand) – drängen Sie nicht.

Ernte-Hotspots in Brandenburg

In Regionen wie der Prignitz, der Uckermark oder dem Havelland ist der Ackeranteil besonders hoch – hier begegnen Ihnen in der Erntezeit besonders häufig Erntekolonnen und verschmutzte Straßen. Viele Strecken führen durch Alleen: wunderschön, aber bei Staub und Gegenlicht optisch fordernd. Planen Sie deshalb stets einen entsprechenden Zeitpuffer ein oder wählen Sie eine Alternativroute.

Kommen Sie gut durch die Erntezeit: Bleiben Sie achtsam, nehmen Sie Rücksicht – und genießen Sie den Spätsommer.

P.S.: Unser Tipp zum Dranbleiben: Üben Sie Notbremsen, Ausweichmanöver und Blickführung unter Anleitung – am besten auf sicherem Terrain. Buchen Sie jetzt einen Termin für ein Pkw-Training oder Motorrad-Training im ADAC Fahrsicherheitszentrum Berlin-Brandenburg.

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